Der Grundtenor am Podcast Summit All Ears von Spotify 2022 in Berlin war eindeutig: Es braucht mehr mutige und innovative Podcastproduzent:innen. Und, es ist an der Zeit, dass wir den Kinderschuhen entwachsen. Auch unser Team war vor Ort. Was eine Podcastagentur aus Zürich wie wir mitgenommen haben aus Berlin: Ein Rückblick zum Event, ein Ausblick zur Podcastzukunft und ein Appell an unsere Branche.

Bei vielen Diskussionen auf und neben den Bühnen stand die Zukunft der Podcastbranche im deutschsprachigen Raum im Fokus. Nicht zuletzt deshalb, weil es Podcasts nun halt mal noch nicht so lange gibt und weil das Medium nun langsam erwachsen wird. Wir wissen, welche Formate funktionieren und welche nicht, wir wissen, wo unser Mehrwert gegenüber anderen Medien liegt und wir wissen, was wir uns für die Zukunft der Podcastbranche wünschen: Mehr qualitativ produzierte Formate mit mehr treuen Hörenden. Aber wie kommen wir dort hin?

Wir müssen mutiger sein

Würde man nur noch Formate kreieren, die in der Vergangenheit Erfolg hatten, gäbe es nur noch Laberpodcasts und True Crime. Wenn man sich die Podcasts-Charts anschaut, ist dem auch fast so, durch alle Alterstufen sind Formate, in denen sich zwei Menschen über Gott und die Welt unterhalten sowie True Crime-Podcasts am beliebtesten. Kreativ ist das nicht besonders und spannend irgendwann auch nicht mehr.

Wir Podcastproduzent:innen müssen mutiger sein und uns in Formate wagen, die nicht auf den ersten Blick Erfolg garantieren. Maria Lorenz von Pool Artists hat dazu einen Vorschlag: «Jede Podcast-Agentur im deutschsprachigen Raum müsste sich dazu verpflichten, 5 Prozent ihrer Produktionen in Projekte zu investieren, die komplett am Mainstream vorbei gedacht sind», sagt sie während ihres Referates in Berlin. Ein spannender Ansatz, der natürlich so nicht umgesetzt wird. Aber wir müssen uns von der Angst trennen, gewisse KPIs nicht zu erfüllen und wir sollten Erfolg neu definieren. Wir sollten uns fragen, was Erfolgreich sein heisst: Bei jeder Folge eine gewisse Anzahl an Streams zu erreichen? Oder den Impact auf die Zuhörenden zu erhöhen? Oder mit jeder Folge Menschen zu inspirieren?

Dass es nicht nur um die Erfülllung quantitativer Kennzahlen gehen kann, zeigt zum Beispiel der Podcast «Mis Coming Out» von Marco Schättin. Er möchte mit seinem Podcast über Coming Outs inspirieren und Mut machen. «Mein wichtigster KPI ist, dass sich Menschen dank meines Podcasts outeten», sagt Marco im Gespräch.

Wir müssen innovativer sein

Mut alleine reicht aber noch nicht. Kreativität und Innovation sind gefragt. Wir müssen unsere Köpfe aus unserer Podcastbubble hinausstrecken und vielleicht auch einmal medienübergreifend denken. Es stellen sich viele Fragen hierzu für die tägliche Arbeit in unserer Podcastfirma in Zürich. Bei «Sagenjäger» verknüpfen wir beispielsweise physische Orte mit einer Podcastfolge. So stellen wir eine Verbindung zwischen analoger und digitaler Welt her. Die Leitfrage hinter unserem Konzept ist: Wie können wir einerseits Schweizer Sagen bekannter und attraktiver, und andererseits erlebbarer machen? Über eine interaktive Google-Maps-Karte gelangt man jeweils an den Ort, wo sich die Sage zugetragen hat und kann sich dort die Podcastfolge anhören. «Wir hockten auf den Grundmauern des Kirchleins und horchten dem Podcast aus der Boombox», erzählt etwa eine Lehrperson, die mit ihrer Schulklasse an einen der Orte gewandert ist.

Kreativ sein heisst auch, einen Mehrwert für unsere Anspruchsgruppen zu schaffen. Dieser Mehrwert zeigt sich in verschiedenen Formen, sogar auch als Türöffner zu einem Thema. Zum Beispiel, wenn sich Menschen plötzlich mit Klimaschutz befassen, weil sie den «1,5 Grad»-Podcast von Luisa Neubauer hören. «Wir wollen mit unserem Podcast nicht nur überzeugen, sondern Menschen auch einen Zugang geben und einen Ort schaffen, wo sie sich aufgehoben fühlen», sagt die Klimaaktivistin. Und hier betrifft der Mehrwert uns alle – nämlich Klimaschutz.

Wir müssen mehr Selbstvertrauen haben

«Trust yourself and just make your show.» Hört sich banal an, was Julian Boireau von Parcast gesagt hat, aber es stimmt! Mutig und innovativ sein bringt im Endeffekt nicht viel, wenn wir nicht das nötige Selbstvertrauen haben, unser Format auch tatsächlich zu veröffentlichen und hinter unserer Show zu stehen. Dabei dürfen wir uns auch nicht einschüchtern lassen, wenn ein ähnliches Format angeblich mehr Reichweite hat oder in den Charts weit oben steht. Frei nach Maria Lorenz: Auch 14 Hörer:innen sind schon toll – das sind immerhin 14 Menschen, die deinen Podcast hören. Inspiriert sind wir von Berlin nach Zürich zurückgekehrt und nun voller Tatendrang. Auf jeden Fall möchten wir mit diesem Medium nicht nur einfach Geld verdienen, sondern auch die Schweizer Podcasts mit der einen oder anderen Produktion von uns noch ein bisschen vielfältiger machen.